Nimm ein Handtuch mehr, Boss !

_DSC8544
 

„Boss, bike?“ „Helloouh massaaage?“ „Taksi?“ „Trrransport?“ „Woman, woman, my room, massaaage?“ „Boss! Have a look, boss!“ „Massaaaage?“ So geht das ständig, wenn du nur kurz die Straße langgehst. Also da war ich wirklich nicht drauf vorbereitet. Aber was hab ich auch erwartet, ich bin ja nun auch im absoluten Touri-Viertel der absoluten Touri-Insel. Die Leute hier wollen einfach ihr Geschäft mit den Urlaubern machen. Dabei verderben sie den Urlaubern aber ganz gehörig die Laune und sich demzufolge auch die eigene, wenn man ständig nur von genervten, widerwilligen Fressen abgewiesen wird; die ihrer Ansicht nach aber die dicke Kohle nur so bündelweise mit sich rumschleppen.

 
 
 
 

Du wirst belatschert und bekekst, du kannst gar nicht in Ruhe deren Angebot durchsehen, weil du immer nur abgelenkt und in Gespräche verwickelt wirst. So ein Stress! Dadurch verkaufen die nicht unbedingt mehr. Also zumindest nicht an mich. Mal kucken und stöbern? Geht gar nicht. Preise? Stehen hier zu 99.9999 % sowieso nie dran, sondern man muss jedes einzelne Teil nachfragen – und dann bekommt man natürlich erstmal einen Preis genannt, der völlig utopisch ist und man muss dann immer wieder aufs neue anfangen mit handeln. Anstrengend.

Ich habe das mal mit einem Handtuch versucht, weil ich für die Surf-Schule nicht das vom Hotel ruinieren wollte: „150.000!“ Das sind ziemlich genau 10 Euro. Mir viel zu viel; dafür, dass ich das dann wahrscheinlich eh hier lassen werde. Ich so: „Oouh, no ... 50.000.“ Da sah ich schon an der Miene, dass er wusste, dass ich wusste, was in etwa ein realer Preis für so einen Artikel wäre. „100.000, wenn du mehrere nimmst! Sag mir wie viele du haben willst, ich gebe Discount!“ Ich so: *kopfschüttel*. „Ich brauch ja bloß eins – und überhaupt: ich bin in diese riesen Verkaufshalle gerade erst reingekommen, ich würde mich eigentlich gern auch erstmal umsehen, was es überhaupt so gibt in eurem Land.“ „No,no, das hier weiter hinten ist nicht mehr mein Bereich, bitte kaufe doch bei mir!“ Ok, da mir klar war, dass die hier wahrscheinlich sowieso alle die gleichen Handtücher für den selben Preis verkaufen, bin ich halb aus Mitleid, halb aus Faulheit bei ihm geblieben. „Name best price!“ – „Nenne mir deinen Lieblingspreis, für den du das Handtuch kaufen würdest!“ Ich so: „Na 50.000.“ „Nonono, name best price!“ Ich so: „Ähhhh, ok ... 70.000 ?“, weil er scheinbar schon gern mehr Kohle von ’nem Touri für ein zweifarbig mit Bali und Hibiskusblüte bedrucktes Handtuch haben wollte. Alleine aber das hat mich ja schon angekotzt, weil ich eigentlich ein einfarbiges haben wollte, ohne irgend einen harten Siebdruck drauf, der kratzt. Deswegen war das Handtuch für mich noch mal zusätzlich weniger wert, als es eigentlich wäre. Er so: „Ok, 80.000 !“, ich so: „Ok.“ Das sind etwa 5 Euro, das geht mal noch klar für den Anlass.

 
 
 
 

Als ich dann endlich vom Traumshoppingerlebnis erlöst war und mich wieder frei bewegen konnte, bin ich ein paar Schritte weiter durch die Halle geschlendert; dort bot man mir Handtücher an, die gleichen wie eben grad auch. Ich so: „Nein, nein, du hast doch nun gesehen, dass ich grad eins von deinem Nachbarn gekauft habe ...“ „Ja aber, wie wär’s denn mit noch einem?“ Das ist echt goldig. Denen ist das im Prinzip völlig egal, ob du irgend etwas willst, oder brauchst, oder etwas gerade nicht brauchst. Die wollen auf Teufel komm raus irgend ein Geschäft machen, mit den Dingen die sie grad haben. Wie am selben Abend noch, beim Motorroller-Verleih …

Man bekommt sehr schnell mit, dass hier jeder mit einem Motorroller durch die Gassen heizt.

 
 
 
 

Das hat den immensen Vorteil, besonders als Tourist, dass man dem Spießrutenlauf auf dem Gehweg vor den Geschäften entgeht. Und so habe ich mich den ganzen Tag gefragt, wie man denn an so einen Motorroller heran kommt. Auf dem Weg in die Unterkunft komme ich an einem solchen Verleih vorbei. Da dachte ich: fragste bei der Gelegenheit einfach mal vorsorglich nach dem Preis, dass du das schon mal auf dem Schirm hast. Ja aber nach dem Preis fragen, bedeutet für die hier, dass du das sofort kaufen / mieten willst und die jetzt alles daran setzen müssen, dir das auf der Stelle zu vermachen. „70.000 pro Tag!“ Das klingt erstmal viel, ist aber immer noch weniger als ein Handtuch. Für den Preis würde man in Deutschland wahrscheinlich nicht mal ein Fahrrad ausgeliehen bekommen. „How many days ?!“ – „Wie viele Tage“ ich das denn wöllte, wollte sie wissen. Ja aber das weiß ich doch jetzt noch nicht, ich hab noch keine weiteren Pläne, die einen Motorroller involvieren würden, ich will ja einfach nur erstmal wissen, wieviel mich das kosten würde. Ich so: „Na ok, wieviel kosten denn zum Beispiel 10 Tage?“ „10 Tage? 50.000 pro Tag!“ Gut, so wusste ich wenigstens erstmal etwa die Preisspanne, in der sich das bewegen würde. Dann will man sich für die Auskunft freundlich bedanken und würde bei Bedarf auf ihr Angebot zurückkommen, aber das kennen die ja gar nicht! „Wieviele Tage brauchst du, sag mir! Discount!“ „Ja erstmal gar nicht, ich wollte mich heute Abend einfach nur mal informieren und wenn ich einen Motorroller benötigen sollte, komme ich wahrscheinlich zu dir“, und wollte los. Keine fünf Schritte gegangen, bläkte sie hinterher „Hheeeey !“ und kam mir nachgelaufen. „Hier, neues Motorbike! Wenn du für morgen mietest, gebe ich es dir heute Abend schon und das für 50.000!“ Das wurde ja immer besser, aber ich brauchte halt ganz einfach keins. Die können sich scheinbar gar nicht vorstellen, dass jemand sich erstmal nur nach Optionen erkundigen will, um sich dann damit einen Plan zu machen. Die wollen sofort versuchen ein Geschäft zu erzwingen – oder man hat mein ständiges Abgelehne als knallharte Verhandlungstaktik fehlinterpretiert. Ich bin dann weiter gegangen, keine fünf Schritte, kam mir jemand hinterhergefahren, der mir seinen Motorroller vermieten wollte, für 40.000 am Tag (weniger als 3 Euro). Das wurde mir dann aber doch langsam etwas suspekt.

Am nächsten Tag habe ich dann mal Paul, den Besitzer der Surf-Schule, darauf angesprochen und gefragt, was er denn von diesen Motorroller-Leih-Geschichten hält – weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass irgend jemand eine Versicherung da mit inklusive hat, oder anbietet. Denn was ist denn, wenn mir das Ding jemand klaut, oder mir zu Schrott fährt, oder ich aus eigener Dörtigkeit das Teil zerlege, weil ich noch nie auf sowas gefahren bin? Dann heißt’s nur, ich darf die Schüssel jetzt bezahlen; und die sind bestimmt auch in Indonesien nicht ganz so billig. Und Paul meinte: genau so ist es; Versicherung gibt’s nicht und selbst wenn gesagt wird, es gäbe eine, gibt’s keine. Wenn, dann müsstest du selber eine haben. Die meisten Versicherungen schließen aber oftmals genau solche Auto- und Motorrad-Leih-Dinger im Ausland aus. Also bezahlst du alles selbst. Da ist natürlich wieder super Abzock-Potential drin: der eine verleiht dir einen Motorroller und sein Kumpel klaut ihn dir dann; und du darfst einen neuen kaufen gehen. Paul hatte dies bezüglich einen Tipp: man solle sich die App „GO-JEK“ herunterladen. Das ist ein Motorroller-Service in Kota, den man bestellen kann, und der einen hier und da hinbringt, für sehr wenig geld (12.000 INR ≈ 0,90 EUR). Er benutzt den sogar manchmal dafür, dass er die Leute anruft, sie sollen eine Pizza kaufen gehen und die in die Surf-Schule bringen. Lässig.

So hier sehen übrigens die Tankstellen in Kota aus:
 
 
 
 

In Ruhe mal am Strand langspazieren ist auch nicht so einfach machbar. Kinder wollen dir gern Armbändchen andrehen, oder es ruft dir ständig jemand zu, du könntest doch bei ihm eine Kokosnuss trinken, oder ein eiskaltes Bier, oder diese Strandliege hier benutzen und ihn demnach dann auch dafür bezahlen. Das trübt natürlich dann etwas die Urlauberfreude. Wenn ich das mit dem einsamen Strand in Malaysia vergleiche, wo mal paar Angler rumsaßen … Leute, bringt mal Ruhe rein und schreibt einfach paar Schilder ...

 
 
 
 

In Indonesien ist jeder Milionär. Keine Ahnung, was mit deren Währung passiert ist. Der Wechselkurs Euro : Indonesische Rupiah ist etwa 1 : 15.000. Auf dem Hinflug nach Bali hatte Captain Hermes Glorio in seiner Durchsage schon mit erwähnt, dass Indonesien ein hoch-inflationäres Land ist. Auf dem Flughafen dann ein Hinweisschild, dass in Indonesien nur Geschäfte mit Rupiah zu machen sind, Bezahlung in anderer Währung wäre strafbar und solche Angebote sollten abgelehnt werden. Tja, hier will also versucht werden, ein Zahlungsmittel im Land zu forcieren (ist ja auch durchaus wichtig). Aber Geld ist, was die Menschen als Geld ansehen und als solches benutzen. Und da Währungen fast das gleiche wie Geld sind, wollen die Menschen natürlich gern die benutzen, die sie für am geeignetsten halten – und das ist, wahrscheinlich eher aus historischen Gründen, noch der US-Dollar. Der steht hier an Platz 1 an allen Wechselstuben. Das witzige: später auf dem Flughafen stehen Infobroschüren herum, mit Angeboten für Tagestouren und Ausflüge, etc. Dort drin sind die Preise in USD angegeben. Bezahlen würde man dann wahrscheinlich aber in Rupiah zum aktuellen USD-Kurs ... flupp, und somit ist das System nahezu untergraben. Damit schießen die sich aber langfristig leider selber ins Bein – aber Langfristigkeit ist den Leuten hier scheinbar sowieso erstmal egal …

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert