Grandiose Technik !

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Heute ist praktisch der letzte Tag in der Seaside Lodge, denn morgen früh ist der Rückflug nach Kuala Lumpur. Das heißt, ich muss die Unterkunft verlassen und zum Flughafen kommen. Der Herr Verwalter der Seaside Lodge hatte sich bereit erklärt, mich zum Flughafen zu fahren. Das wollte ich nun gern in Anspruch nehmen – höchste Zeit also, ihn mal anzurufen.

 

Ich hatte mir ja bei meiner Einreise gleich auf dem Flughafen noch eine malaiische SIM-Karte zugelegt. Nannte sich „MagicSIM“ von einer Marke namens „XPAX“, einem Reseller des hiesigen Providers „celcom“.

 
 
 
 

Sie versprach 2 GB Internet, kostenloses Internet von 1:00 bis 7:00, unberechnetes WhatsApp-Volumen, 100 Frei-Minuten und SMS. Und das für 39 Ringgit, etwa 8 Euro. Klingt nach ’nem guten Deal, nehmen wir mit.

 
 
 
 

So dachte ich, könne ich jetzt mal davon Gebrauch machen und den Verwalter nochmal anrufen. Wie ich mir das heute beim Aufwecken nun so überlegte, dämmerte es mir, dass ich wahrscheinlich aber ein riesiges Problem haben werde: plötzlich bekamen die nervigen SMS, die der Provider ständig mit irgendwelcher Werbung sandte, eine Bedeutung. Zumindest eine ganz besondere SMS: nämlich die, die irgend etwas faselte von: Prepaid-Guthaben erlischt am 29. Januar.

 
 
 
 

Weil das so komisch auch geschrieben war, dacht ich die ganze Zeit, das ist irgendwelcher Mist; und sowieso können die das ja nicht ernst meinen, dass die mir etwas entwerten, was ich gerade erst gekauft habe … Tja, können sie aber und machen sie auch.

 

Und so kam es dazu, dass mir mein Guthaben am 29. Januar 23:59 verfallen war – während ich am 31. Januar noch mal eine Minute telefonieren musste. Bingo! Jetzt frag ich mich natürlich: wer lässt denn bitte schön solche Sachen am 29ten verfallen, wenn der Monat 31 Tage hat? Was wäre denn, wen ich die SIM-Karte erst am 28ten gekauft hätte, wäre das dann auch am nächsten Tag verfallen? Oder gilt das bloß 20 Kalendertage und weil ich die am 10. Januar gekauft habe, sind die jetzt um? Fragen über Fragen. Mir war schon damals klar, dass ich etwas die Katze im Sack kaufe, aber dass das so beschissen ist, hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht vermutet.

Na jedenfalls befand ich mich nun in der absurden Situation, ein Handy zu haben, einen vollen Akku zu haben, eine SIM-Karte zu haben, Empfang zum telefonieren zu haben – aber plötzlich verfallenes Guthaben zu haben. Hätte Loriot sich nicht besser ausdenken können. Zum ausrasten.

 

Gedacht:

Vielleicht ist der Verwalter mit der Nummer ja bei WhatsApp. Das wäre ja das einfachste gewesen. Aber einfach sollte die Geschichte hier nicht werden.

 

Gedacht:

Ja warte mal, in einer der komischen Werbe-SMS stand ja was drin, dass ich mir eine Musik-App runterladen könnte und dafür 10 Ringgit Guthaben bekommen würde. Na vielleicht probieren wir das mal. Die App runtergeladen, angemeldet, aber eine SMS mit „Sie haben 10 Ringgit erhalten“ kam nicht. … bis ich dann gemerkt habe, dass ich ja im WLAN war! Wie sollte da der Mobilfunkt-Provider mitbekommen, dass ich jetzt die App runtergeladen habe? Also nochmal deinstalliert und … versucht, das mit der Datenverbindung runterzuladen. Das kannste ja aber knicken hier. Dort wo ich grad bin, verirrt sich kein Byte freiwillig hin. Zumindest nicht von diesem Anbieter. Prima, Angebot sinnlos.

 

Gedacht:

Na ok, schauen wir mal auf der Webseite nach, wie ich den Pennern vielleicht doch noch ein letztes mal ein paar Ringgit in den Rachen hauen kann, indem ich das Guthaben mal etwas auflade.

https://www.xpax.com.my/reload

Auf deren Webseite fand sich dann auch ein „Aufladen“-Knopf, aber … passieren tat da nix. Deren Webseite war kaputt. Prima, Angebot sinnlos.

 

Gedacht:

Ohje, sollte ich jetzt wirklich meine deutsche SIM-Karte benutzen um von Handy zu Handy zu roamen? Habe mir meine Preisliste bei simply noch mal angeschaut und „aus Welt 4 nach Welt 4“ wollen die 2,99 Euro pro Minute. Das ist wirklich ganz schön happig. Später hatte ich bemerkt, dass ich das aus Versehen schon mal unbemerkt versucht hatte, denn das Handi wechselt automatisch die SIM-Karte, wenn mit der einen keine Verbindung zu Stande gebracht werden kann. Das sind dann wohl die lauernden Gefahren bei Dual-SIM-Handys. Eine Option, dieses Verhalten um- / auszustellen habe ich nicht gefunden. Glücklicherweise –  oder eher komischerweise – konnte aber trotz allem keine Verbindung aufgebaut werden. Eigentlich auch wieder mal traurig.

 

Gedacht:

Jetzt müssen wir uns vielleicht wirklich mal von fremden Menschen helfen lassen. Geschaut, ob der Nachbar da ist. Auto stand zwar da, aber niemand anzutreffen. Kleb’ ich ihm einen Zettel an die Tür? Nein, das ist auch wieder bloß Spekulation; ich konnte mich nicht darauf verlassen, dass sich irgend jemand irgendwann vielleicht mal meldet, um mir eventuell in der Not zu helfen. Ich wollte das jetzt geklärt haben.

 

Gedacht:

Na warte mal, ich habe ja hier ein halbwegs gängiges WLAN. Baue ich mir doch mal mein VPN zur Fritz!Box in Dresden auf – was natürlich vorher alles schön eingerichtet und erprobt werden musste – und telefoniere von meinem Festnetzanschluss auf ein Handy nach Malaysia. Das wird ja bestimmt weniger teuer sein, als Roaming mit dem Handy. Eine Preisliste ist natürlich bei 1 & 1 nicht aufzufinden. Das wird dann später noch ein Überraschungs-Ei.

Versuch Nummer 1: mit dem Android-Phone das VPN eröffnet, die Fritz!App Fon gestartet, aber keine Verbindung erhalten. Irgendwas haut da nicht hin. Langsam wird’s echt eng. (Später erst habe ich festgetsellt, dass ich bei diesem Telefonie-Gerät in der Fritz!Box nicht das Häkchen bei „Anmeldung auf dem Internet zulassen“ gesetzt habe. In so fern war das schon richtig was passiert ist. Man muss überall aufpassen wie ein Heftlmacher.)

Versuch Nummer 2: mit dem iPad das VPN eröffnet und die Fritz!App Fon gestartet. Und siehe da: er konnte sich als Telefoniegerät bei der Fritz!Box registrieren! Heißa! Damit sind wir ja schon fast am Ziel. Jetzt muss nur noch das WLAN stabil bleiben, dass die Verbindung nicht abreißt, oder die Sprachpakete so zerhäckselt werden, dass wir uns trotz bestehender Verbindung nicht richtig verstehen können.

Denn der Herr Verwalter spricht nur wenig Englisch (aber immer noch mehr als ich Malaiisch) und die nächste Unbekannte war noch, ob ich es schaffe, ihm verständlich zu machen, dass ich morgen früh um 10:00 los muss. Und das wird um so schwieriger, je schlechter die Verbindungsqualität ist. Und wie die Verbindungsqualität von mir zu ihm ist, kann ich nicht feststellen; das kann ich eventuell nur an der Reaktion auf mein Gesprochenes langsam herausfinden.

Dann wählte ich die Nummer und bekam tatsächlich eine Verbindung. Ich war mir bloß etwa eine Minute lang nicht sicher, ob ich den richtigen dran hatte. Aber nachdem wir uns dann gegenseitig an die jeweilige Sprechweise gewöhnt hatten, gelang es mir, ihm das mit „morgen 10:00“ zu verklickern. Hatte mir extra auch schon „sepuluh“ zurecht gelegt, was „zehn“ auf malaiisch bedeutet.

Irgendwie war er aber ständig nur darauf fixiert, mich zum Flughafen zu bringen. Dabei hätten wir ja aber doch auch so noch ein paar Aufgaben zu absolvieren. Also wenigstens die Schlüsselübergabe. Ich versteh nicht, hat der das nicht auf dem Schirm? Eigentlich hätte er mich ja anrufen müssen oder von selbst vorbeikommen, spätestens am Montag, um mich aus zu checken. Also so richtig kapier’ ich den nicht …

Aber die Hauptsache ist, dass er jetzt auch wirklich morgen um 10:00 angetrabt kommt. Zugesagt hat er.

 
 

Die MagicSIM kommt auf jeden Fall nicht mehr in die Tüte. Ich glaub ich muss mich da mal beschweren gehen, wenn ich wieder in Kuala Lumpur bin. Aber ich denk die wissen schon, warum die ihr Logo an das Gefahrensymbol für „gesundheitsschädlich / reizend“ angelehnt haben …

Das ist wieder mal eine hervorragende Geschichte wie grandios die moderne Technik einen Strich durch die Rechnung machen kann und man belämmert da steht. Ich war hier wirklich mit meinem Latein (fast) am Ende. Erst mit der letzten Bastion hatte es dann doch noch einen Erfolg gegeben. Glücklicherweise hatte ich diese kleine Technikspielerei mit dem Fritz!Box-VPN mir eingerichtet und siehe da, die hab ich auch dringendst gebraucht. Aber selbst das hätte mit Leichtigkeit auch schief gehen können.

Was hätte ich denn noch für Alternativen gehabt? Mir wäre jetzt vielleicht noch ViberOut eingefallen, wo ich mir Guthaben hätte kaufen können; genauso bei Skype; oder der Service von Sipgate. Aber das sind auch alles wieder Sachen, mit denen man sich erst beschäftigen muss, für sich einrichten muss – und auf eine gute Internetverbindung ist man trotzdem immer angewiesen, bei der keine Ports oder Protokolle sperrt sind, die man dazu eventuell braucht.

Ist das denn alles wirklich so schwierig in unserer angeblich immer so dauervernetzten Welt … ?

 

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